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Montag, 15.12.2025

Menschenrechtsinstitut warnt vor Gefährdung des Rechtsstaats durch deutsche Spitzen-Politiker

Fundamentale Rechtsstaatsprinzipien in Gefahr:Beispiele sind u.a. die Debatte um Haftbefehl gegen Netanjahu und die inzwischen vom deutschen Gericht als rechtwidrige Zurückweisungen an Grenzen titulierte Entscheidung des BMI

In seinem jüngsten veröffentlichten Jahresbericht an den Deutschen Bundestag warnt das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) vor einer zunehmenden Gefährdung des Rechtsstaats durch politische Rhetorik. Konkret kritisiert die nationale Menschenrechtsinstitution Äußerungen hochrangiger Politiker, die Gerichtsentscheidungen abwerten oder deren Missachtung ankündigen. Der Bericht nennt zwei konkrete Fälle aus dem Berichtszeitraum Juli 2024 bis Juni 2025:

1. Debatte um Haftbefehl gegen Netanjahu: Im Februar 2025 blieb unklar, ob eine künftige Bundesregierung einem möglichen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu Folge leisten würde. Das Institut bewertet diese Ambivalenz als problematisch.

2. Zurückweisungen an Grenzen: Im Mai 2025 ordnete Innenminister Dobrindt(CSU) die Zurückweisungen von Schutzsuchenden an deutschen Binnengrenzen zu EU-Nachbarstaaten an. Das Verwaltungsgericht Berlin bewertete diese Praxis als europarechtswidrig – eine Einschätzung, die im Ministerium lediglich als "Entscheidung in Einzelfällen" abgetan wurde, obwohl das Gericht die grundsätzliche Bedeutung des Falls hervorgehoben hatte. Fundamentale Rechtsstaatsprinzipien in Gefahr: "Politische Rhetorik, die Gerichtsentscheidungen abwertet oder ihre Missachtung ankündigt, ist eine Gefahr für den Rechtsstaat in Deutschland", heißt es in dem Bericht.

Das DIMR betont, dass solche Haltungen "die Autorität des Rechtsstaats schwächen" und eine "Missachtung zentraler internationaler und europäischer Verpflichtungen" darstellen. Das Institut erinnert daran, dass Rechtsstaatlichkeit im Grundgesetz verankert ist und zu ihren Kernprinzipien die Bindung aller Staatsgewalt an Gesetz und Recht sowie die Unabhängigkeit der Gerichte gehört.




Weitere alarmierende Entwicklungen Neben der Kritik an politischen Äußerungen dokumentiert der Bericht weitere besorgniserregende Entwicklungen:

- Zivilgesellschaft unter Druck: Unzureichender Schutz vor Einschüchterungsklagen (sogenannte SLAPP-Verfahren) gegen kritische Stimmen - Eingeschränkte Versammlungsfreiheit: Besonders bei Klimaprotesten und Palästina-solidarischen Demonstrationen 

- Fehlendes Demokratiefördergesetz: Die neue Bundesregierung plant im Gegensatz zur Vorgängerregierung kein Gesetz zur Absicherung zivilgesellschaftlichen Engagements Empfehlungen des Instituts

1. Klarzustellen, dass Völkerrecht, EU-Recht sowie das Grundgesetz und die ratifizierten Menschenrechtsverträge verbindliche Handlungsleitlinien für die Politik sind.

2. Die Anti-SLAPP-Richtlinie der EU umfassend umzusetzen

3. Förderstrukturen für zivilgesellschaftliche Organisationen zu schützen und zu stärken

4. Verdachtsfälle exzessiver Polizeigewalt gegenüber Demonstrierenden unabhängig zu untersuchen Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands und gemäß den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen akkreditiert (A-Status).

Der letzte Woche veröffentlichte Bericht ist der zehnte Jahresbericht an den Deutschen Bundestag und erscheint traditionell zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember. Der vollständige Bericht hier: steht auf der Website des Instituts zur Verfügung und behandelt neben der Rechtsstaatsproblematik auch Themen wie die Partizipation junger Menschen, die Prävention von Femiziden, den Schutz von Betroffenen des Menschenhandels und menschenrechtliche Aspekte von Rüstungsexporten.